Schwarze Tinte, Rote Tinte
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Schwarze Tinte, Rote Tinte
Schwarze Tinte und rote Tinte
Eines Abends saßen die Meister des Tempels des weißen Tigers zusammen in der Klosterschencke. Gemütlich wurden in geselliger Heiterkeit Becher um Becher und Teller um Teller geleert. Mit jedem Bräu, das gluckernd in einem der großen Bäuche verschwand, wurde die Runde lustiger und so kam einem der Pandaren die Idee, dass man sich mit einem kleinen Spiel den Abend noch unterhaltsamer gestalten könne: Jeder der Meister bekam einen Krug Bräu. Alle würden im gleichen Augenblick beginnen zu trinken und wer seinen Krug als letzter leerte, musste eine kleine Geschichte erzählen.
Die erste Runde begann! Unter dem Beifall der anderen Gäste stürtzten sie den Inhalt ihrer Becher hinunter. Einen von ihnen überkam schon kurz nach dem Start ein grundloses Gelächter. Blubbernd pustete er mit seiner Nase in den Krug, der sofort überschäumte und ihm einen dichten, weißen Bierbart bescherte. Umgehend schied er so aus und musste sich mit einem weiteren Bier trösten. Die anderen drei hingegen lieferten sich ein Kopf an Kopf rennen. Schließlich jedoch krachten die Trinkgefäße auf den Thresen und laut jolend feierte man den Verlierer, der nun breit grinsend darauf wartete, welche Geschichte die Leute von ihm hören wollten. "Erzähl uns etwas von deinen Abenteuern mit Meisterin Eispfote!" Rief einer der Gäste. "Unsinn die haben wir doch schon tausend mal gehört, er soll etwas Neues erzählen!" Gab ein anderer als Einwand. "Yuan, Yuan! Ich weiß! Erzähl uns von deiner Familie!" Der auserkorene Erzähler blickte den Mann etwas verwirrt an. "Was soll an meiner Familie denn schon so spannendes dran sein, das es wert wäre erzählt zu werden?" Fragte er mit verschrenkten Armen. "Erzähl uns warum man Euch die 'Tintenfells' nennt!" Begeistert pflichteten ihm alle Anwesenden bei. "Na schön, na schön, na schön... Ich werde Euch die Geschichte erzählen.
Dazu muss man wissen, dass ich natürlich selbst einmal nicht wusste, warum meine Familie und ich diesen Namen tragen." Yuan hob schulmeisterisch den Finger und nickte mit erster Mine. "Es war nämlich so, dass ich, als ich noch ein junger, gut ausehender, dicht befellter, durchtrain... lassen wir das. Also ich war noch sehr jung und ging noch auf den Wegen eines Schülers. Da hatte ich eines Nachts einen merkwürdigen Traum. Ich ging an einer Mauer entlang, die mindestens einhundert, nein eintausend, ach was sag ich, mindestens eintausendundein Li lang war! Und über ihre gesamte Länge hinweg war ein Gemälde entlang der Wand ausgerollt. Auf den ersten Schritten erkannte ich Pandaren, die mir völlig fremd waren. Pandaren, die lachten, weinten, tranken, sangen und hart arbeiteten. Und jeder auf diesem Gemälde hatte ein anderes, völlig eigenes Gesicht. Am aller meisten blieben mir zwei von diesen im Gedächtnis. Es waren die Ersten beiden am Anfang des Bildes. Der eine lachte breit und herzhaft und hatte tief schwarzes Fell, so wie ich damals! Der andere lächelte nur bescheiden aber auch voller Wärme und Freundlichkeit. Er hatte im Gegensatz zu dem neben ihm tief rotes Fell, so wie man es wirklich nur sehr, sehr selten findet! Und eine wirklich albern aussehende Brille auf der Nase." Yuan legte die Kuppen der Daumen und Zeigerfinger aufeinander, formte so einen Ring und schaute verstohlen grinsend durch die beiden Kreise in die Runde, bevor er fortfuhr. "Und ich schritt nun also das Gemälde ab. Ich sah nicht nur die dutzenden Pandaren, nein auch erkannte ich weite Landschaften im Wandel der Jahreszeiten, die wundervollsten Tiere. Unsere herrlichen Berge und Flüsse, die Täler, Tempel und weiten Himmel!" Bei der fast schon patriotischen Poesie seiner Worte, die er mit wildem Armerudern untermalte, trieb es ihm und so manchem Zuhörer vor Rührung die Tränen in die Augen. "Und dann am Ende meines Weges auf den letzten Fuß' des Gemäldes, blickte ich in das Gesicht eines weiteren Pandaren. Mit tief schwarzem Fell und den selben Flecken wie auch ich sie um die Augen habe." Einer der Zuhörer unterbrach ihn unwillkürlich. "Warst... warst du das Yuan?" Der Erzähler brummte. "Unterbrich mich bitte nicht! Also! Nun... ja, also da war nun ich... auf diesem Gemälde... und ja... ich eben." Er räusperte sich.
"Jedenfalls konnte ich diesen Traum natürlich nicht unbeachtet lassen. Ich ging also zu meiner ehrenwerten Frau Mutter und erzählte ihr von dem, was ich erlebt hatte. Sie riet mir sogleich meinen Großonkel Bu aufzusuchen. Er hütete, so erzählte man sich in unserer Familie, einen unglaublich kostbaren Schatz. Ich stieg also von Einfass hinab in die Ebene nach Binan, wo der zweite Schlag Tintenfells wohnt. Ich suchte also meine Verwandten auf und wurde zu Großonkel Bu gebracht. ..."Oh mein kleiner Yuan besuchst du mal deinen alten Onkel Bu! Was für eine große Freude, was für eine sehr große Freude!"" Gekünstelt verstellte der Erzähler seine Stimme um noch älter zu klingen. "Nachdem ich ihm sein Hörhorn gebracht und wir uns ausgiebig begrüßt hatten, erzählte ich ihm von meinem Traum. Nach der fünften Wiederholung dann oder waren es sechs?... ,hatte er auch alles verstanden, war plötzlich hellauf begeistert und versicherte mir, dass es die einzig richtige Entscheidung gewesen war ihn aufzusuchen. Sogleich wies er mich an aus einem der Regale in seinem Zimmer ein uraltes Buch zu holen, das nicht nur mehreren Generationen von Motten als Grabstätte diente, sondern auch in der unleserlichsten Handschrift und dem gemeinstem Ur-Kun-Laier-Dialekt geschrieben war, den ich je gesehen hatte. Für mich ein Unding, nicht jedoch für Großonkel Bu, der mit der Unterstützung einer gewaltigen Brille flüssig und ohne jede Schwierigkeit vorzulesen begann:
Eines Abends saßen die Meister des Tempels des weißen Tigers zusammen in der Klosterschencke. Gemütlich wurden in geselliger Heiterkeit Becher um Becher und Teller um Teller geleert. Mit jedem Bräu, das gluckernd in einem der großen Bäuche verschwand, wurde die Runde lustiger und so kam einem der Pandaren die Idee, dass man sich mit einem kleinen Spiel den Abend noch unterhaltsamer gestalten könne: Jeder der Meister bekam einen Krug Bräu. Alle würden im gleichen Augenblick beginnen zu trinken und wer seinen Krug als letzter leerte, musste eine kleine Geschichte erzählen.
Die erste Runde begann! Unter dem Beifall der anderen Gäste stürtzten sie den Inhalt ihrer Becher hinunter. Einen von ihnen überkam schon kurz nach dem Start ein grundloses Gelächter. Blubbernd pustete er mit seiner Nase in den Krug, der sofort überschäumte und ihm einen dichten, weißen Bierbart bescherte. Umgehend schied er so aus und musste sich mit einem weiteren Bier trösten. Die anderen drei hingegen lieferten sich ein Kopf an Kopf rennen. Schließlich jedoch krachten die Trinkgefäße auf den Thresen und laut jolend feierte man den Verlierer, der nun breit grinsend darauf wartete, welche Geschichte die Leute von ihm hören wollten. "Erzähl uns etwas von deinen Abenteuern mit Meisterin Eispfote!" Rief einer der Gäste. "Unsinn die haben wir doch schon tausend mal gehört, er soll etwas Neues erzählen!" Gab ein anderer als Einwand. "Yuan, Yuan! Ich weiß! Erzähl uns von deiner Familie!" Der auserkorene Erzähler blickte den Mann etwas verwirrt an. "Was soll an meiner Familie denn schon so spannendes dran sein, das es wert wäre erzählt zu werden?" Fragte er mit verschrenkten Armen. "Erzähl uns warum man Euch die 'Tintenfells' nennt!" Begeistert pflichteten ihm alle Anwesenden bei. "Na schön, na schön, na schön... Ich werde Euch die Geschichte erzählen.
Dazu muss man wissen, dass ich natürlich selbst einmal nicht wusste, warum meine Familie und ich diesen Namen tragen." Yuan hob schulmeisterisch den Finger und nickte mit erster Mine. "Es war nämlich so, dass ich, als ich noch ein junger, gut ausehender, dicht befellter, durchtrain... lassen wir das. Also ich war noch sehr jung und ging noch auf den Wegen eines Schülers. Da hatte ich eines Nachts einen merkwürdigen Traum. Ich ging an einer Mauer entlang, die mindestens einhundert, nein eintausend, ach was sag ich, mindestens eintausendundein Li lang war! Und über ihre gesamte Länge hinweg war ein Gemälde entlang der Wand ausgerollt. Auf den ersten Schritten erkannte ich Pandaren, die mir völlig fremd waren. Pandaren, die lachten, weinten, tranken, sangen und hart arbeiteten. Und jeder auf diesem Gemälde hatte ein anderes, völlig eigenes Gesicht. Am aller meisten blieben mir zwei von diesen im Gedächtnis. Es waren die Ersten beiden am Anfang des Bildes. Der eine lachte breit und herzhaft und hatte tief schwarzes Fell, so wie ich damals! Der andere lächelte nur bescheiden aber auch voller Wärme und Freundlichkeit. Er hatte im Gegensatz zu dem neben ihm tief rotes Fell, so wie man es wirklich nur sehr, sehr selten findet! Und eine wirklich albern aussehende Brille auf der Nase." Yuan legte die Kuppen der Daumen und Zeigerfinger aufeinander, formte so einen Ring und schaute verstohlen grinsend durch die beiden Kreise in die Runde, bevor er fortfuhr. "Und ich schritt nun also das Gemälde ab. Ich sah nicht nur die dutzenden Pandaren, nein auch erkannte ich weite Landschaften im Wandel der Jahreszeiten, die wundervollsten Tiere. Unsere herrlichen Berge und Flüsse, die Täler, Tempel und weiten Himmel!" Bei der fast schon patriotischen Poesie seiner Worte, die er mit wildem Armerudern untermalte, trieb es ihm und so manchem Zuhörer vor Rührung die Tränen in die Augen. "Und dann am Ende meines Weges auf den letzten Fuß' des Gemäldes, blickte ich in das Gesicht eines weiteren Pandaren. Mit tief schwarzem Fell und den selben Flecken wie auch ich sie um die Augen habe." Einer der Zuhörer unterbrach ihn unwillkürlich. "Warst... warst du das Yuan?" Der Erzähler brummte. "Unterbrich mich bitte nicht! Also! Nun... ja, also da war nun ich... auf diesem Gemälde... und ja... ich eben." Er räusperte sich.
"Jedenfalls konnte ich diesen Traum natürlich nicht unbeachtet lassen. Ich ging also zu meiner ehrenwerten Frau Mutter und erzählte ihr von dem, was ich erlebt hatte. Sie riet mir sogleich meinen Großonkel Bu aufzusuchen. Er hütete, so erzählte man sich in unserer Familie, einen unglaublich kostbaren Schatz. Ich stieg also von Einfass hinab in die Ebene nach Binan, wo der zweite Schlag Tintenfells wohnt. Ich suchte also meine Verwandten auf und wurde zu Großonkel Bu gebracht. ..."Oh mein kleiner Yuan besuchst du mal deinen alten Onkel Bu! Was für eine große Freude, was für eine sehr große Freude!"" Gekünstelt verstellte der Erzähler seine Stimme um noch älter zu klingen. "Nachdem ich ihm sein Hörhorn gebracht und wir uns ausgiebig begrüßt hatten, erzählte ich ihm von meinem Traum. Nach der fünften Wiederholung dann oder waren es sechs?... ,hatte er auch alles verstanden, war plötzlich hellauf begeistert und versicherte mir, dass es die einzig richtige Entscheidung gewesen war ihn aufzusuchen. Sogleich wies er mich an aus einem der Regale in seinem Zimmer ein uraltes Buch zu holen, das nicht nur mehreren Generationen von Motten als Grabstätte diente, sondern auch in der unleserlichsten Handschrift und dem gemeinstem Ur-Kun-Laier-Dialekt geschrieben war, den ich je gesehen hatte. Für mich ein Unding, nicht jedoch für Großonkel Bu, der mit der Unterstützung einer gewaltigen Brille flüssig und ohne jede Schwierigkeit vorzulesen begann:
Zuletzt von Yuan am Mo Jan 22, 2018 6:50 pm bearbeitet; insgesamt 6-mal bearbeitet
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Re: Schwarze Tinte, Rote Tinte
**...Schwarze Tinte und rote Tinte
Hoch oben an den ewig winterlichen Hängen des Kun Lai lag das kleine Dorf Einfass, das Tor zum Himmel, wie es seine Bewohner gerne nennen. In diesem Dorf lebten vor langer Zeit zwei junge Männer. Den einen nannte man Ao Quang Siegelrot und er hatte das wohl roteteste Fell, das man unter Pandaren finden konnte. Den anderen nannte man Hsie Tao Letterschwarz und die dunklen Stellen in seinem Fell waren so finster wie eine Neumondnacht. Die beiden waren so unterschiedlich wie man es sich nur vorstellen konnte. Siegelrot war von wenig eindrucksvoller Statur, las von Morgens bis Abends Bücher, was zu einer peinlichen Sehschwäche führte und ihn dazu zwang stets heimlich zu lesen, da man sonst den albernen Kneifer auf seiner Nase sicher verspotten würde. Letterschwarz war mindestens einen Kopf größer als jeder der anderen Dorfbewohner, sein Bauch war von den gewaltigen Mengen an Speisen, die er vertilgte, so groß und rund wie die Hügel im Tal der vier Winde. Er verbrachte seine Tage damit Grummelseilschaften vor Yetis und anderen Schrecken aus den Bergen zu beschützen. Doch sie beide hatten trotz all ihrer Unterschiede eine Gemeinsamkeit: beide hatten die zwei wohl schönsten Mädchen von ganz Kun Lai zur Schwester. Ying Siegelrot, oder kleine Orchidee wie sie die Dorfjugend nannte und Yang Letterschwarz, die Schwester Taos, von den Halbstarken auch kleine Lilie genannt.
I.
Hoch oben an den ewig winterlichen Hängen des Kun Lai lag das kleine Dorf Einfass, das Tor zum Himmel, wie es seine Bewohner gerne nennen. In diesem Dorf lebten vor langer Zeit zwei junge Männer. Den einen nannte man Ao Quang Siegelrot und er hatte das wohl roteteste Fell, das man unter Pandaren finden konnte. Den anderen nannte man Hsie Tao Letterschwarz und die dunklen Stellen in seinem Fell waren so finster wie eine Neumondnacht. Die beiden waren so unterschiedlich wie man es sich nur vorstellen konnte. Siegelrot war von wenig eindrucksvoller Statur, las von Morgens bis Abends Bücher, was zu einer peinlichen Sehschwäche führte und ihn dazu zwang stets heimlich zu lesen, da man sonst den albernen Kneifer auf seiner Nase sicher verspotten würde. Letterschwarz war mindestens einen Kopf größer als jeder der anderen Dorfbewohner, sein Bauch war von den gewaltigen Mengen an Speisen, die er vertilgte, so groß und rund wie die Hügel im Tal der vier Winde. Er verbrachte seine Tage damit Grummelseilschaften vor Yetis und anderen Schrecken aus den Bergen zu beschützen. Doch sie beide hatten trotz all ihrer Unterschiede eine Gemeinsamkeit: beide hatten die zwei wohl schönsten Mädchen von ganz Kun Lai zur Schwester. Ying Siegelrot, oder kleine Orchidee wie sie die Dorfjugend nannte und Yang Letterschwarz, die Schwester Taos, von den Halbstarken auch kleine Lilie genannt.
Zuletzt von Yuan am Mi Jan 03, 2018 9:01 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Re: Schwarze Tinte, Rote Tinte
II.
Und so kam es, als ein großes Fest im Dorf zu Ehren der Geister der Ahnen abgehalten wurde, dass sich Quang und Tao in die Schwester des jeweils anderen verguckten. Stolz seinen großen Bauch präsentierend schlenderte Tao sogleich zur schönen Ying, als er sie erblickte. "Oh kleine Orchidee, wie ich sehe bist du auch auf dem Fest." Er setzte sein schmeichelhaftestes Lächeln auf und war sich seiner Eroberung schon mehr als gewiss. "Ah, hallo Tao. Ja, das bin ich wohl." Antwortete kleine Orchidee schüchtern. Ihre Stimme! Ihr Liebreiz! Würde sie noch Lächeln hätte Tao wohl ein Herzschlag ereilt. Allein ihre Anwesenheit schien ihn mit einem mal zu entwaffnen. Die breit grinsenden Mundwinkel gefroren ihm an den Ohren fest und unter seinem nachtschwarzem Pelz begann er perlend zu schwitzen, sodass sein Fell in der Kälte des Abends wie ein Garknödel zu dampfen anfing. "Ist alles gut mit dir Tao... du rauchst auf einmal so stark." Der Klos in seinem Hals löste sich unerwartet, hastig und aufgeregt versuchte er sich zurückzuziehen. "Ich ähm also ja... schlechte Angewohnheit von mir. Ich muss dann wieder mal." Ein Speer bohrte sich ihm in den Magen und unter dem Gelächter der Männer trollte er sich in eine entlegene Ecke.
Quang hatte derweil Taos Schwester Yang schon lange im Blick. Und mit jedem ihrer betörenden Lidaufschläge stürzte er ein Bräu hinunter. Mit der Promille stieg auch sein Mut und nach dem zehnten Krug erhebte er sich entschlossen von seinem Platz. Sogleich sank er wieder etwas taumelnd auf selbigen zurück, doch beim dritten Anlauf stand er, zwar nicht gerade aber er stand! In ungelenken Schleifen steuerte er auf die heimlich Angebetete zu. Seine Knie und Hände zitterten wie Äste im Wind und mit jedem Schritt nahm die Aufregung in ihm zu. "Hallo Yang. Du kennst mich vielleicht nicht aber... ähm... ich bin Quang." Ha! Das war eine klassische Anrede aus Liebesgeschichten, oder so etwas ähnlichem. Mit solch erprobten Mitteln und klassischer Etikette würde er sie sicher beeindrucken können! Somit deutete er gleich darauf eine Verbeugung an und bemühte sich um das charmanteste Lächeln, das seine wackelnde Unterlippe zuließ. Die Panderen rümpfte die Nase und wedelte die beißende Alkoholfahne des Brautwerbers fort. "Natürlich kenne ich dich Quang. Wir sind ja fast Nachbarn." Sie lächelte dabei. War das ein gutes Zeichen? Quang war sich dessen sicher und erwiderte sogleich. "Oh äh... ja natürlich. Wie dumm von mir. Also was würdest du davon halten, wenn wir beide morgen etwas gemeinsam unternehmen?" Kleine Lilie hob eine Augenbraue und stemmte die Pfoten in die Hüften. "Was hast du dir denn vorgestellt?" Eine Rückfrage! Damit hatte er nicht gerechnet. Nun müsste er seinen gesamten scharfen Verstand zusammennehmen. In Bruchteilen eines Augenblicks ging er verschiedene Möglichkeiten durch. Zu dumm nur, dass er dabei laut dachte und sein Gedankengewitter sich über die Angebetete ergoss. "Ähm also... Schneeschie... Nein! Ich meine Schneeschuhe... ich ähm..." Er war hilflos, hätte er doch nur noch ein Bräu mehr getrunken. Yang verdrehte die Augen und lies den hastig mit den Armen rudernden Quang zurück. Wieder hatten die Alten im Dorf etwas zu lachen und klein wie eine Grille aber bei weitem nicht so stolz und mutig wie eine, verzog er sich in eine dunkle Ecke.
Dort saß bereits eine betrübte Gestalt, neben der er Platz nahm. "Hach diese Yang Letterschwarz ist wahrhaft eine glänzende Perle von Anmut und Schönheit. Aber so ein ärmlicher Tropf wie ich wird ihr wohl nie gerecht sein." Quang seufzte, als der große Schatten neben ihm auch seine Stimme erhob. "Erzähl mir so etwas nicht. Diese Ying Siegelrot ist wahrhaft eine... ähm... sie ist ein tolles Mädchen." Einen Moment schwiegen die Kummerberge, bis es beiden dämmerte. "Augenlick! Bist dus Quang?" Die Antwort folgte sogleich. "Bist du das Tao?" Beide erhoben sich bebend vor Zorn. Es war seit ihrer Kindheit Tradition, dass sie einander stets in Missgunst und Feindschaft begegneten. Quang neidete Taos gewaltige Kraft. Tao wünschte sich dagegen so Gescheit zu sein wie der Spross der Siegelrots. "Du Bücherwurm wirst mir meine kleine Lilie nicht anfassen!" Quang knurrte. "Und du wandelnder Simplicissiums Maximus wirst mir meine kleine Orchidee nicht welken!" Tao kratzte sich am Kopf und überlegte einen Augenblick, gab es dann jedoch auf und polterte zurück. "Wenn du Yang auch nur noch einmal ansiehst Siegelrot, dann endest du als Pflasterstein." Quang lies die Knöchelgelenke knacken. "Komm doch her Letterschwarz! Ich habe nicht umsonst alle Ausgaben von Kangs Künste der fliegenden Fäuste gelesen!" Doch noch während sich Quang wichtig machte, schlug Tao mit einem Brett auf ihn ein. Krachend fiel er zu Boden. Der Alkohol lies ihn jeden Schmerz vergessen und mit erstaunlicher Wendigkeit stand er wankend vor ihm und schlug gegen den Kiefer seines Gegenübers, der taumelnd ein paar Schritte rückwärts tat. Mit großen Augen starrte Quang ungläubig auf seine Faust. "Gar nicht schlecht." Gestand Tao ein. "Aber jetzt ist Schluss!" Brüllend hielten die beiden aufeinander zu und ihr Zusammenprall würde einer Nova gleichkommen, bis jedoch! "Schluss ihr beiden Kampfhähne!" Yangs strenge Stimme stoppte die Kontrahenten. "Genau ihr zwei geht sofort nach Hause!" Ying hob den Finger, während kleine Lilie Tao am Ohr packte und ihn nach Hause schleifte. Kleine Orchidee drehte das Ohrläppchen ihres Bruders um und gab ihm einen Tritt über die Türschwelle ihres Heims.
Zuletzt von Yuan am Mo Jan 22, 2018 6:56 pm bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
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Re: Schwarze Tinte, Rote Tinte
III.
Die Tage vergingen in Einfass. Quang und Tao waren der Spott des Dorfes und während der junge Siegelrot schmollend seine Nase in Bücher vergrub, schnitze der griesgrähmige Letterschwarz einen ganzen Wald weg und erschuf vor lauter Bitterkeit wahre Meisterwerke einer zornig traurigen Bildhauerkunst.
Eines Tages jedoch kam völlig außer Atem der Händler Fu auf den Dorfplatz gestürmt. Er schrie und schon bald war das ganze Dorf um ihn versammelt. "Eine Bande Ho Zen! Wilde Ho Zen haben die Töchter Siegelrot und Letterschwarz entführt. Oh weiß Xuen, was sie ihnen antuen werden!" Schließlich brach er völlig entkräftet zusammen. Im selben Augenblick krachten mit einem Male laut donnernd zwei Türen auf! Mit Feuer in den Augen standen Quang und Tao im Türsturz ihrer Häuser! "Ying! Yang!" Schrie Siegelrot über den Platz. "Yang! Ying!" Kam es von Tao von der Schwelle der Letterschwarzens. "Quang!" rief sogleich Tao wütend. "Tao!" rief darauf Quang knurrend. "Ich werde sie retten!" Brüllte Letterschwarz und wedelte mit den Fäusten. "Nein! Ich werde sie retten!" erwiderte Siegelrot, der mit einem Säbel in der Luft herumfuchtelte. Während sich die beiden mit rüdenhaftem Gehabe ein Kräftemessen lieferten, tauchten hinter ihnen ihre Mütter auf und züchtigten die zänkischen Söhne mit je einem Schlag auf den Hinterkopf. "Ihr zwei rolligen Kater geht gefälligst zusammen!" Brummte Mutter Letterschwarz. "Und kommt nicht ohne unsere Kleinen zurück!" Knurrte Mutter Siegelrot, als sie ihren Sohn mit einem Tritt aus dem Haus beförderte.
Mürrisch machten sich die beiden auf den Weg ins Tal und vermieden, soweit es möglich war, jeden Augenkontakt. Zähneknirschend schulterte Tao seine Hellebarde und murrend schlurfte Quang neben ihm her. So stiegen sie einträchtig schweigend in die Ebene hinab. Und es dauerte nicht lange bis sie Hilfe fanden, denn schon beim ersten Grummellager, auf das sie stießen, konnten ihnen die Träger und Händler genau beschreiben, was sich schreckliches zugetragen hatte. Die beiden Mädchen waren gemeinsam auf den Weg nach Binan, als plötzlich eine Bande Ho Zen über sie herfiel. Üble Gesellen, die bei ihren Artgenossen wegen allen möglichen Vergehen in Ungnade gefallen waren. Nun machten sie mehr noch als die anderen Affen die Gegend unsicher. Bereitwillig und selbst um das Wohl der Mädchen bedacht führten die Grummel die beiden zu der Höhle, in der die Wegelagerer hausten. "Du gehst zuerst!" Meinte Tao und umfasste den Schaft seiner Waffe verkrampft. "Was? Nein du gehst zuerst!" Unsicher zog Quang den Familiensäbel und zeigte auf den Eingang. "Papier, Stein, Schere?" Zischte Tao und Quang nickte mit ernster Mine. Zehn Runden dauerte es, bis sie einsahen, dass jeder ihrer Versuche immer auf Unentschieden hinaus lief. "Tja das heißt wohl wir gehen zusammen." Seufzte Tao. Quang schluckte und nickte seinem neuem Kampfgesellen zu.
Die Grummel hatten sich hinter einen Fels zurückgezogen und beobachteten irritiert die beiden Pandaren. "Was treiben die da?" Fragte einer und schnüffelte. "Buah! Riecht ihr das? Pech." Einhellig nickten die kleinen Kerle und sahen den Rettern mitleidig nach, als diese zusammen im Dunkel der Höhle verschwanden. Üble Gerüche schlugen ihnen entgegen und lautes Getöse von feiernden Ho Zen erfüllte hallend das steinerne Gewölbe. Leise schlichen die beiden Pandaren an das Lager der Räuber heran. Bier schäumte, grölend und taumelnd lagen sich die Bösewichte in den Armen. Und in der Mitte der Halle hantierte einer von ihnen mit zwei Feuersteinen an einem Stapel Holzscheite. Darüber war ein langer Spieß angebracht, an den Yang und Ying gefesselt und weinend um Gnade flehten.
Quang sah Tao in die Augen und Tao Quang. In dem Antlitz des jeweils Anderen erkannten sie nun Entschlossenheit und Mut. Noch einmal nickten sie einander zu und sprangen brüllend aus ihrem Versteck. "Ying! Yang!", "Yang! Ying!" riefen sie einstimmig und stürzten sich wild umeinander schlagend in das Knäuel der Wagabunden. Stahl und Eisen klirrten und es entbrannte eine wütende Schlacht auf engstem Raum. Einem Geröllsturz gleich erschlug Tao mit seiner Waffe fünf der Ho Zen mit einem Streich und wie die eisige Böe eines kalten Wintersturms schnitt die scharfe Klinge Quangs durch die Verteidiger. Und schon nach wenigen Augenblicken war der Schrecken vorrüber. Laut schreiend retteten sich die überlebenden Affen aus der Höhle. Ihre zurückbleibenden Kameraden jedoch verstummten schon bald. Die beiden Angreifer hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite und so war der Kampf schnell vorbei. Von der Wallung ihres Blutes im gemeinsamen Streite inspiriert sahen die beiden Pandaren einander stolz an. "Wir haben es geschafft Siegelrot!", "Ja wir haben es geschafft Letterschwarz!" Sie legten ihre Pfoten auf die Schultern ihres Gegenübers und feierlich verkündeten sie weithin hörbar: "Von heute an, sollst du Bruder heißen Kamerad und keine Macht wird sich unserem vereinten Willen entgegstemmen können und...", "Ähm Hallo?" Yang unterbrach ungeduldig das feierliche Gelöbnis. "Was ist denn Schwester?" Grunzte Tao verärgert. "Wollt ihr beide uns nicht langsam losbinden?" Selbstredend befreiten die beiden Helden ihre Schwestern von den Fesseln und glücklich fielen sie ihren Brüdern um die Hälse. "Also was wäre wohl ein gutes Zeichen, um unsere Aussöhnung zu zeigen?" Meinte Quang und sah vielsagend in die Augen seiner Schwester und deutete auf Tao. Lächelnd ergriff sie dessen Pfote und freudig ergriff auch Yang die Pfote Quangs. Erneut erhoben beide ihre Stimmen. "Vom heutigen Tage an soll...**
Zuletzt von Yuan am Mo Jan 22, 2018 7:00 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Re: Schwarze Tinte, Rote Tinte
"Onkel Bu, wieso liest du nicht weiter?" Fragte ich. "Hier Yuan sieh dir das an. Hier ist ein großer Soßenfleck über dem restlichen Text gegleckst." Ich war schockiert und warf selbst einen genauen Blick in das Buch. Tatsache! Der letzte Abschnitt war zur hälfte durch einen großen roten Fleck unkenntlich. Mein Onkel bemühte sich die wenigen sichtbaren Striche zu entziffern. " 'Von heute an soll Krintenbart, Wollyakhose, unsere... Schwätzer, Heringshaken... Binsenvoll' Nein ich bekomme es nicht zusammen Yuan tut mir leid." Ich seufzte enttäuscht und war mir sicher der Ursprung unseres Familiennamens würde in diesen letzten Zeilen geschrieben stehen. Onkel Bu tröstete mich. "Nimm es dir nicht so zu Herzen Junge, ich bin mir sicher es gibt schlimmeres als einzigartige, unersetzliche, von der Vergangenheit zeugende aber nicht mehr rekonstruierbare und für immer zerstörte Familienchroniken." "Ach Onkel..." Klagte ich. "Wenn wir es doch nur wüssten. Wer hat das Buch überhaupt geschrieben?", "Oh das ist ebenfalls eine Geschichte wert glaub mir. Aber ich halte es kurz. Geschrieben haben es zwei Brüder: Feng und Chao Intenfell, der Name hat leider ein paar Mottenlöcher abbekommen, ist aber immer noch lesbar. Weißt du dass die beiden der Erzählung nach Flecken gehabt haben sollen? Der eine rot mit schwarzen Flecken, der andere schwarz mit roten Flecken! Ha sowas albernes, die Leute denken sich wirklich manchmal Schwachsinn aus." Ich war niedergeschlagen, verabschiedete mich von der Verwandtschaft und machte mich auf den Heimweg. Traurigerweise wird wohl, so scheint es, der Ursprung meines Namens im Dunkel der Geschichte verborgen bleiben...
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