Der Pfad des Feuers
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Die Halle der Schatten

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Beitrag von Desrin Furywind Fr Sep 08, 2017 4:41 pm

Schon eine ganze Weile saß die Sin'dorei auf dem moderigen Stuhl, der zum Inventar der heruntergekommenen Schenke, inmitten der Halle der Schatten, gehörte. Im Gegensatz zu den rauen Gesellen, welche sich an diesem Ort für gewöhnlich trafen, stach diese Person durch eine gewisse Art von Eleganz hervor. Anstelle von verwaschenen Kleidungsstücken, lederverstärkten Harnischen, Kettenrüstungen oder Ähnlichem, trug diese Elfe eine, scheinbar, maßgefertigte Rüstung, die in den Farben Silbermonds gehalten war und sich eher der Bewegungsfreiheit verschrieb anstelle einem direkten Kampf. Zwar waren Bauch, ein Großteil der Beine und die Oberarme weder von Stoff noch anderer Kleidung bedeckt, doch tat dies der Zweckmäßigkeit dieses Rüstwerks keinerlei Abstrich. Schliesslich ließen auche ihre "Accessoires" keinen Zweifel daran, dass es sich bei dieser Gestalt um eine Assassine handelte. So trug sie an ihrem Gürtel zwei gut sichtbare Tantōs mit gewellter Klinge, bei denen, oberhalb des Heftes, das Wappen der Horde eingelassen war. Oberhalb ihrer Stiefel trug sie ebenso, an Oberschenkelgurten, ein handliches Arsenal an verzierten Kunais und Wurfsternen. Abgerundet wurde der Anblick von einem knielangen Umhang, der von ihrem lederverstärkten Schulterschutz getragen wurde. Die hellblonden Haare hielt sie zu einem sorgfältigem Zopf gebunden, der das hüftlange Haar in seiner Gänze bändigte. Auffallend war allerdings eine violette Strähne, die sie seitlich über ihren Pony gekämmt hatte.

Sanzi, die goblinische Schankmaid stolzierte gerade an ihrem Tisch vorbei, als die Assassine wortlos ihre Hand in das Blickfeld der grünhäutigen Dame hob, was dank ihrer geringen Körpergröße der Goblin nicht viel Aufwand bedurfte. Sie stockte und beinahe rutschte ein gefüllter Becher mit Plörre, was hier im Allgemeinen als Bier verkauft wurde, von ihrem Tablett. Etwas irritiert blickte sie zu der sitzenden Sin'dorei und schluckte einmal schwerfällig, ehe sie dann mit lauter, hellkrächzender Stimme rief: „Mira, wir haben eine 34 an Tisch sechs!“. Als sich die Hand der Elfe daraufhin wieder senkte, grinste die kleine Schankdame höflich, wenn auch nicht glaubhaft und setzte ihren Weg fort. Im gleichen Moment schob sich aus dem Spalt einer Tür, die in ein Hinterzimmer führte, der Kopf eines männlichen Goblins hervor, der zielgenau in die Richtung des gerade angekündigten Tisches blickte. Seine Mimik verriet deutlich, dass er alles andere als beigeistert über den Anblick war. Schließlich wurde er nicht nur bei seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Einnahmen zählen, unterbrochen, sondern hatte er nun eine recht unangenehme Aufgabe zu erfüllen. Rasch eilte der schmierig anmutende Goblin wieder in das Zimmer und kam nur wenige Herzschläge später wieder mit einem Stapel Papier wieder hervor, hastig verrammelte er die Tür, lies den dazugehörigen Schlüssel in seinem Hemd verschwinden und tippelte mit angespannter Mine in Richtung des Tisches, von dem aus ihn bereits zwei jadefarbend schimmernden Augen ins Visier genommen hatten. Nachdem er seine Finger mit Spucke befeuchtet hatte, strich er sich die fettigen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen, Haare zurück und setzte ein geschäftliches Grinsen auf, welches man nur von jemandem erwartete, der einen Kodo-Verkauf direkt neben einem überfüllten Kodofriedhof betrieb. Dieses überaus breite und Zahnlücken offenbarende Grinsen behielt er auch bei, als er sich auf den Stuhl gegenüber der Elfe setzte und sich einen langen Moment noch damit beschäftigte seinen Hintern in eine geeignete Position zu bringen. "Was freue ich mich euch zu sehen, jaja! Und so unerwartet früh, stimmt etwas mit der letzten Recherche nicht?“. Die Augen des Goblins huschten nervös umher, versuchte er doch die kleinste Bewegung seines Gegenübers auszumachen, während er unruhig den Stapel Papier vor sich auf dem Tisch hin und her schob und er beharrlich angeschwiegen wurde. „Ich bin mir sicher, wir können über einen Rabatt für diese Auswahl hier verhandeln! Dieses Mal sind es nicht viele, aber ein paar besonders interessante Exemplare mit dabei!“ plapperte der dauergrinsende Goblin, der nun noch nervöser mit seinem Hinterteil über die Sitzfläche rutschte. Wieder folgte ein langer Moment des Schweigens, ehe die Sin'dorei ihm die offene, rechte Hand entgegenstreckte und offenbar erwartete, dass man ihr etwas aushändigte. Der Goblin zuckte erschrocken zusammen, schien fast so, als wollte er schreiend davonrennen, aber im letzten Augenblick bemerkte er, dass die Hand, welche ihm entgegengestreckt wurde, weder Luntenschlosspistole noch Messer oder andere unannehmliche Dinge hielt, die seiner Existenz ein frühes Ende bereiten konnten. Erleichtert atmete der Goblin aus und reichte mit zittriger Hand den dünnen Stapel Papier herüber. „Ihr werden schon sehen, jaja! Dieses Mal sind ein paar ganz exotische Dinge dabei!“ brabelte der schmierige Goblin, während er seine Hand übereilig wieder zurückzog und die Elfe dabei beobachtete, wie sie durch das grüne Schimmern ihrer Augen jede einzelne Seite des Stapels nacheinander betrachtete. Nach mehrmaligem durchblättern blieb sie bei einer der Seiten stehen, musterte sie eine ganze Weile und hob schlussendlich den linken Mundwinkel an. Es war der Steckbrief eines Orcs, der offenbar ihr Gefallen geweckt hatte, sie tippte mit dem Zeigefingernagel auf das schartige Papier und kratzte entlang der Kohlestiftstriche, die das Gesicht des Orcs darstellten. Dieses einzelne Blatt behaltend, erhob sich die Sin'dorei von ihrem Platz und lies einen kleinen Beutel klimpernd auf die verbleibenden Seiten auf dem Tisch fallen. Das klimpern der vermeindlichen Münzen lies den Goblin schon wieder aufschrecken und beinahe einen Angstschrei ausstoßen. Doch als er sich wieder gefangen hatte, war seine „Geschäftspartnerin“ schon längst in einer der hinteren Ecken der Halle verschwunden, betätigte einen schweren Messingklopfer, der scheinbar zur Zierte mitten auf der Wandbefestigt war, und verschwand durch eine versteckte Tür, die sich rumpelnd auftat.
Miragohn blieb alleine zurück und atmete noch einige Male tief durch, ehe er sich sowohl die Blätter, als auch den klimpernden Beutel schnappte und wieder in Richtung seines Hinterzimmers stapfte. „Ich werde langsam zu alt dafür, hätte ich mal lieber die Stelle in Ratchet angenommen!“ murmelte er noch, ehe er wieder in seinem Kämmerchen verschwand.
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